Singen bis zur Geisterstunde
Für mich war es das erste Mal überhaupt. Für die meisten anderen ein langersehntes Chorwochenende nach drei langen Jahren Corona-Pause. Endlich wieder von Morgens bis in die Nacht Singen in der Gemeinschaft — Schwieriges und Erheiterndes.
Und da das Chorwochenende in der JH Oberwesel stattfand, waren wir in der denkbar schönsten Landschaft: Einem Haus, das sich besonders auf Musikfreizeiten eingerichtet hat, mit direktem Blick über den Rhein und einem verwunschenen Wanderweg in den Ort. So konnten alle die Pausenzeiten, während der Probezeiten der jeweils anderen Stimmen, für einen kleinen Ausflug nutzen.
Etwa zwei Dutzend unserer Sängerinnen und Sänger trudelten am Freitag Nachmittag und Abend ein. Das Haus summte und klang nach Musik, denn wir waren nicht die einzigen, die hier das Wochenende über probten. Angesichts der Größe der JH mit ihren vielen „Klavierräumen“ kamen wir uns nicht in die Quere und tauchten gleich ein in diese musizierende Welt. Begrüßt wurden wir zudem mit einem reichhaltigen Abendbüffet — und so sollte es weitergehen, mit Büffets, wo immer für alle etwas dabei war, vom Vegetarier bis zum Fleischgenießer.
Unser neuer Chor-Dirigent Julian Rausch hatte es manchmal nicht leicht, die Pünktlichkeit zu den Proben durchzusetzen. Da gab es doch so viel zu erkunden und zu besprechen! Doch im Großen und Ganzen waren wir diszipliniert. Da es Zeit gab, vom Freitag Abend bis Sonntag Vormittag zu proben — einzeln in allen vier Stimmen und zusammen, kamen wir auch ein gutes Stück voran. Fast vergessene Lieder wurden wiederbelebt. Neue erarbeitet. Und dann gab es Lieder, die für die einen neu waren und für andere uralt.
Einst als „junger Chor“ gegründet, liegt das Alter der Mitwirkenden heute zwischen Mitte Vierzig und Mitte Siebzig. Gemeinsam ist allen der Spaß am Singen und die Freude, es immer besser zu können. Es gibt einige richtige Profis, auch einige mit absolutem Gehör. Aber es gibt auch leidenschaftliche Sänger und Sängerinnen, denen lange erzählt wurde: „Du kannst nicht singen“. Dazu gehöre ich. Ich liebe es zu singen, aber ich tue mich schwer, auf Anhieb den richtigen Ton zu treffen — oder zu halten. Hier erweisen sich die alten Cantami-Hasen als aufgeschlossen und geduldig. Und ermutigen mich zur Geduld: Das Gehör muss geschult werden. Du wirst dich einfinden. Gib dir selbst Zeit!
Das sind sehr gute Voraussetzungen für neue Sängerinnen und Sänger wie mich, einzusteigen. Und ich bin keineswegs die Einzige Neue. Neue Mit-Singende sind hier willkommen und man macht ihnen Mut!
Was haben wir gesungen? „Viva la Vida“ von der Alternative-Rock-Band Coldplay, Beethovens Neunte Symphonie, Roger Emersond „You Raise me up“, Scarborough Fair von Simon & Garfunkel, und natürlich Flottes aus Südafrika, wie Sia Hamba und Masithi, um nur ein paar Titel zu nennen. Neu hinzugekommen, bzw. seit längerem wieder geübt wurde die „Bohemian Rhapsody“ von Freddie Mercury — umwerfend in ihrer Aussagekraft und Melodie — aber wie ich finde alles andere als leicht.
Aber was ein echter Sänger, eine echte Sängerin ist, lässt sich nicht unterkriegen und singt einfach weiter. Und so war der Abend nach dem offiziellen Teil noch lange nicht zu Ende. Wir sangen weiter — zu einem Glas Wein oder auch zweien — das ganze Reportoir eines Lebens, wie es schien. Und nein, das wurde weder zu schief noch zu laut. Und das verdanken wir ganz besonders auch unserem wunderbaren kleinen Mandolinen-Ensemble. Und unserem Chorleiter Julian Rausch, der auch um 23.00 Uhr noch mal in die Tasten griff. Und in dieser fröhlichen Stimmung — wen wundert’s, drehten sich einige spontan im Tanze.
Mit etwas Wehmut hieß es am Sonntag nach dem Mittagessen Abschied nehmen. Zum Glück steht das nächste Chorwochenende bereits fest:
5.-7. April 2024 natürlich wieder in der JH Oberwesel
Aglaja Beyes-Corleis
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